Neues zu Sidonia von Borcke

Wir öffnen die Akte Sidonias: Das Landesarchiv Greifswald bewahrt die originalen Gerichtsunterlagen auf.
Das Landesarchiv Greifswald bewahrt die Gerichtsakten Sidonias auf.

1500 verurteilte und hingerichtete vermeintliche Hexen und Zauberer hat Dr. habil. Agnieszka Gut im Herzogtum Pommern bisher gezählt. Lange klaffte hier eine Forschungslücke. Mit dem Projekt „Die Akte Sidonia“ haben wir 2020 den Fall Sidonia von Borcke zum 400. Todestag der pommerschen Adligen quellenbasiert vorgestellt (die originalen Gerichtsakten aus dem Bestand des Landesarchivs Greifswald wurden im Rahmen einer Kabinettausstellung erstmalig in der Öffentlichkeit präsentiert) und auf die Problematik aufmerksam gemacht.

Letzte Woche ist in polnischer Sprache ein historischer Roman erschienen, dessen Protagonistin die aktenkundige „Hexe“ ist: „Sydonia. Słowo się rzekło“, geschrieben von der Meisterin ihres Faches Elżbieta Cherezińska. Bekannt wurde sie in Polen durch ihre Romane über die Piastendynastie, nun widmet sich die bei Kolberg/Kołobrzeg wohnhafte Autorin den pommerschen Greifen. Als fachkundige Beraterin stand der Autorin unter anderem die Hexenforscherin vom Historischen Institut der Universität Stettin/Szczecin Agnieszka Gut zur Seite – so die Historikerin zu dem neuen Geschichtsroman: „Natürlich enthält das Buch viel Fiktion, aber … Cherezińska beschäftigte sich eingehend mit gesammelten Quellen von Georg Sello und studierte sorgfältig Sidonias Geschichte, sie analysierte die Ereignisse und zog daraus eigene Schlussfolgerungen. So erscheint Sidonia wie lebendig vor uns. Wir lernen sie so kennen, wie sie möglicherweise gewesen ist. Wir betreten eine Welt, in der sie gelebt hat. Der Roman ist so gut geschrieben, dass man immer wieder vergisst, dass er zum großen Teil frei erfunden ist.“

Elżbieta Cherezińska widmet ihr Buch allen Verbrannten, Geköpften, Gehängten, Ertränkten und Vertriebenen, die als „Teufelsdiener“ gebrandmarkt, verurteilt und hingerichtet wurden. Denn Sidonia war wohl das bekannteste, aber lange nicht das einzige Opfer des Hexenwahns in Pommern. Noch einige Jahre wird die Forschungsarbeit von Agnieszka Gut in Anspruch nehmen, bis wir hoffentlich etwas mehr Klarheit über den Ausmaß dieses Prozederes in Pommern bekommen. Doch wohin dann mit den Ergebnissen? Sollen diese in die polnischen Statistiken oder in die der deutschen Forschenden aufgenommen werden? Wo finden sich Ansprechpersonen für dieses Forschungsthema in Vorpommern? Und schließlich: interessieren sich Menschen in Vorpommern für dieses bisher vergessene Erbe?