Skizzen aus dem Riesengebirge – making of

Die Schneegruben (Śnieżne Kotły) im Nebel.
Die Schneegruben (Śnieżne Kotły) beeindruckten die Wandernden mit Nebelschwaden.

Im Sommer 1810 brach Caspar David Friedrich mit seinem Freund Georg Friedrich Kersting zu einer Wanderung durch das Riesengebirge auf. Unterwegs entstanden Skizzen, von denen einige noch erhalten sind und dem Künstler als Erinnerungsstütze für die Arbeit an seinem Gemälde „Ruine Eldena im Riesengebirge“ dienten. In Vorbereitung auf das Jubiläumsjahr folgten zwei Kunstschaffende Friedrich und Kersting ins Riesengebirge. Ihre Annäherungen an die Landschaft, die Natur und das Wandererlebnis wurden in dem Kurzfilm „Skizzen aus dem Riesengebirge" festgehalten.

Im Austausch mit Kuratoren des Kulturzugs Berlin-Wrocław kam die Idee einer Wanderresidenz auf. Innerhalb einiger Monate wurde ein Team zusammengestellt, das in der Lage wäre Berge zu versetzen: Organisation, Dokumentation, Konzeption und im Mittelpunkt die Kunst. Stellvertretend für die schönen Künste wurde ein Künstlerpaar zur Teilnahme an der Wanderresidenz eingeladen. Sowohl die Tänzerin Małgosia Suś als auch der Musiker Matthias Schriefl interagieren in ihrer Kunst mit der Landschaft. Małgosia Suś personifizierte bereits in Kunstprojekten mit ihrem Körper das durch den Klimawandel verursachte Schwinden der Gletscher und war Kuratorin der Tanzbiennale 2023 mit dem Themenmotto „Vanishing Landscapes“. Matthias Schriefls Heimat sind die Berge, in die er seine Musik trägt und auf deren Gipfeln er sich zu musikalischer Spitzenleistung inspirieren lässt. Die Wanderung ist ein wiederkehrendes Motiv seines Schaffens.

Die Wanderresidenz im Riesengebirge stellte ein Experiment dar. Was passiert, wenn sich Kunstschaffende heute der romantischen Idee hingeben? Bereits auf dem Weg ins Riesengebirge gab Dr. Birte Frenssen mit einem Vortrag zu Friedrich einen inhaltlichen Impuls. Durch eine Begegnung mit dem Autor Marcin Wawrzyńczak und dem Umweltaktivisten Robert Rient erhielt das Künstlerpaar weitere Anregungen zur lokalen Geschichte und zu den Themen der Ökologie. Heute liegt Friedrichs Wanderroute innerhalb von zwei Nationalparks, dem polnischen Karkonoski Park Narodowy und dem tschechischen Krkonošsky Národní Park, die die eindrucksvolle Natur per Gesetz schützen. Die nachempfundene Route begann auf der Grenzwiese (Hala Szrenicka) und führte an drei Tagen nach Osten entlang des Gebirgszugs bis zur Schneekoppe (Śnieżka/Sněžka).

Deshalb gehörte zur Logistik des Unterfangens auch das Einholen von Wander- und Drehgenehmigungen. Gut, dass Drohnen oder Quads sowieso nicht vorgesehen waren. Das Team bestehend aus dem Künstlerpaar, Oliver Spatz und Natalie Wasserman als Kuratoren, Dorota Makrutzki als Projektleiterin und dem dreiköpfigen Kamerateam unter der Leitung von Michał Czajka hat alles für die mehrtägige Wanderung auf eigenem Rücken mitgetragen. Die Belohnung für diese Anstrengung kam in den Bauden, die ein bequemes Bett boten, leckeres Essen und einen Raum für traditionelle Bauden-Geselligkeit. So kam es zu manch einer spannender Begegnung. Im Gemeinschaftsraum der Odrodzenie-Baude traf das Team auf Daniel Źródlewski, der als Pressesprecher des Nationalmuseums Stettin (Muzeum Narodowe w Szczecinie) arbeitet und sich bereits einen Namen als Friedrichfan gemacht hat.

Die Wanderung war vom ersten Schritt an eine Performance, die als Beitrag zum Caspar-David-Friedrich-Jubiläum alle Wandernden inspirieren will mit dem Romantikblick unterwegs zu sein.

Die Filmpremiere fand am 14. Mai 2024 um 12.30 Uhr im Pommerschen Landesmuseum, im Anschluss an eine Führung zum Tag des Wanderns um 12.00 Uhr mit Henriette Maxien statt.

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Die Wanderresidenz wurde durch das Kulturreferat für Pommern und Ostbrandenburg und das Kulturreferat für Schlesien in Kooperation mit dem Kulturzug Berlin-Wrocław ausgelobt. Kuratiert und begleitet wurde die Residenz von Oliver Spatz und Natalie Wasserman. Unterstützt wurde das Vorhaben durch Kunsthistorikerin Dr. Birte Frenssen und Kulturreferentin Dorota Makrutzki.

Das Projekt ist Bestandteil des Caspar-David-Friedrich-Jubiläums 2024 im Pommerschen Landesmuseum.

Lust auf eine Wanderung im Riesengebirge? Mehr über historische Wanderungen erfahren Sie im „Greifswalder Salon“ am Donnerstag, 07.11.2024, 19.00 Uhr mit Dr. Barbara Gribnitz: Kleist und Caspar David Friedrich im Riesengebirge.

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Rückenfigur (Druck auf Plexi) nach Georg Friedrich Kersting zeigt Friedrich als Wanderer.
Dr. Birte Frenssen, Kuratorin im Pommerschen Landesmuseum, hielt einen Vortrag für Passagiere des Kulturzugs und stellte Caspar David Friedrich vor. Die Rückenfigur aus Plexi ist nach einer Originalzeichnung von Kersting angefertigt (Georg Friedrich Kersting, 1810, bpk/Kupferstichkabinett).
Im Kulturzug - Matthias Schriefl spielt Akkordeon.
Ein Abteil des Kulturzugs bietet Bühne für Konzerte. Matthias Schriefl spielte Kompositionen mit Akkordeon, Trompete und Alphorn. Die Musik wurde im Zug per Kopfhörer übertragen. In Bunzlau (Bolesławiec) stieg dann noch der ortskundige Autor und Verläger Marcin Wawrzyńczak ein.
Dr. Birte Frenssen und Marcin Wawrzyńczak im Gespräch.
Marcin Wawrzyńczak publiziert als Begründer des Verlages „Wielka Izera" Literatur mit einem lokalen Bezug. Er erforschte den Wanderweg Friedrichs im Abschnitt des Isergebirges. Mit der Kuratorin aus Greifswald tauscht er sich darüber aus und über die möglichen schlesischen Wurzeln der Familie Friedrich.
Wenn Musikinstrumente wandern, muss der Koffer im Tal bleiben.
Wenn Musikinstrumente wandern, muss der Koffer im Tal bleiben. Die Wanderung stellte für die Organisatoren eine logistische Herausforderung dar. Instrumente und Technik mussten im Gepäck gleich für alle Wandertage auf dem Gebirgszug, zwischen Schreiberhau (Szklarska Poręba) und Krummhübel (Karpacz) mitgenommen werden.
Matthias Schriefl über den Scheegruben (Śnieżne Kotły).
Über den Scheegruben (Śnieżne Kotły) fand Matthias Schriefl seine Inspiration. Die steilen Hänge waren zunächst verborgen, bis die Sonne rauskam. Respektvoll und mit zarten Klängen begrüßte er den berüchtigten Berggeist Rüberzahl auf seiner Kanzel (Czarcia Ambona).
Małgosia Suś vor der Riesengebirgslandschaft umhüllt in Nebel.
Małgosia Suś tanzend vor der Riesengebirgslandschaft umhüllt in Nebel und in das der romantik nachempfundene Poncho. Während der Wanderung erwies sich das Kostüm als praktische Wanderkluft.
Panoramaansicht der Schneegruben.
Panoramaansicht der Schneegruben lässt die Wandernden ganz klein erscheinen. Zur Sicherheit ist der Hang mit Ketten und Geländer abgesichert. Die Wege im Nationalpark sind sehr gut ausgeschildert. Jährlich besuchen das Riesengebirge (Karkonosze) durchschnittlich 2,5 Mio. Menchen.
Einkehr in einer Baude am Ende des Wandertages.
Einkehr in einer Baude am Ende des Wandertages. In vielen Hütten der PTTK sind Doppelzimmer inzwischen standard. Die Küche serviert regionale Spezialitäten. Das Risengebirge hat eine dichte Insfrastruktur. Entlang des Freundschaftsweges laden Bauden auf beiden seiten der Grenze ein.
Sonnenaufgang auf der Schneekoppe (Śnieżka).
Der Sonnenaufgang auf der Schneekoppe (Śnieżka) war schon immer ein Höhepunkt der Wanderung im Riesengebirge. Es lohnt sich dafür früh Aufzustehen. Das Wetter im Riesengebirge ist sehr wechselhaft. Deshalb darf man die Natur nie unterschätzen und sich für eine Wanderung gut ausstatten. Den Wandernden steht eine Rettungsapp der polnischen Bergwacht „Ratunek" zur Verfügung.
Schnekoppe (Śnieżka): klarer Blick auf die Laurentiuskapelle und die Wetterstation.
Einige Minuten später ... klärt sich der Blick auf die Wetterstation und die Laurentiuskapelle. Es ist überliefert, dass das Koppenbuch zu Friedrichs Zeiten in der Hampelbaude (Strzecha Akademicka) auslag. Die Originale mit dem Eintrag von Friedrich und Kersting befinden sich heute in der Bibliothek der Universität Breslau und sind auch online als Digitalisat verfügbar.
Tresen einer Baude.
Tresen einer Baude - allerlei Schnickschnack und obligatorisches warmes Getränk nach dem „Gipfelsturm". Im Dom Śląski treffen sich die Frühaufstehende zum Kaffee und Gespräch. Ein Zwischenstopp vor dem weiteren Abstieg nach Karpacz (Krummhübel).