Projekte 2018
Wandern mit Caspar David Friedrich
Multimediale Präsentation im Rahmen des Festivals «Orte und Reisen» in Greifenhagen (Gryfino) und begleitende Exkursion in die Geburtsstadt von Caspar David Friedrich (2. und 3. März 2018)
Caspar David Friedrich war ein Wanderer. Wanderungen regten sein Denken und Fühlen an und ließen seine Künst erblühen. Diese wollte er mit seinen Mitmenschen teilen und sie dazu anregen sich mit der Natur und dem Menschsein auf eine Weise auseinanderzusetzen, die in Zeiten von Instagram und Snapchat selten geworden ist. Friedrich machte keine „Selfies" um den Menschen zu zeigen wie abenteuerlich er ist, wie viele Freunde er hat und dass er von Glück umgeben ist. Für Friedrich war die Einsamkeit etwas ganz Wesentliches: „...ich muss mich mit dem umgeben, was mich umgibt, mich vereinigen mit meinem Wolken und Felsen, um das zu sein, was ich bin. Die Einsamheit brauche ich für das Gespräch mit der Natur". Diese Einsamkeit, die so viele romantische Künstler und Poeten sehnsüchtig aufsuchten, kann an der Bastei und den weißen Klippen Rügens oder bei den Schneegruben im Riesengebirge nur noch in der Nebensaison oder den frühen Morgenstunden gefunden werden. Doch vereinzelt gibt es auch heute noch ruhige Orte, die so still und wild geblieben sind, wie zu den Zeiten, als Caspar David Friedrich sie zum ersten Mal sah.
Die Präsentation soll zur Wanderungen auf den Spuren von Caspar David Friedrich anregen und Hilfestellung dazu geben. Mit der Exkursion reisen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen an den Geburts- und Inspirationsort des berühmten Malers.
In Kooperation mit Anneke Hesp (walkingwithhesp.wordpress.com), der Kulturreferentin für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz und dem Festival für Orte und Reise in Grysfino (Gryfiński Festiwal MIejsc i Podróży Włóczykij).
„Meisterhaft wie selten einer ... Die Gärten Peter Joseph Lennés zwischen Schlesien und Pommern“
Ausstellungseröffnung im Collegium Polonicum in Slubice
Peter Joseph Lenné (1789–1866), einer der bedeutendsten Landschaftsarchitekten des 19. Jahrhunderts, war maßgeblich an der Gestaltung der Gartenlandschaften in Potsdam und Berlin beteiligt. 1816 trat er in preußische Dienste und war unter drei Königen tätig. Er gestaltete aber nicht nur die königlichen Gärten, sondern kümmerte sich auch um Stadtgestaltung, die Ausbildung der Gärtner, Baumschulen, Blumenzucht und Landwirtschaft.
Neben Potsdam, Berlin oder Frankfurt (Oder) hat Lenné in allen Ländern des historischen Preußen als Gartengestalter stilbildend gewirkt und zahlreiche die Landschaft bis heute prägende Gartendenkmale hinterlassen. Während seine Parkanlagen auf dem Gebiet der Bundesrepublik bekannt und praktisch vollständig erfasst sind, gerieten seine Werke in den ehemals deutschen Provinzen jenseits der heutigen Grenze weitgehend in Vergessenheit.
Die Ausstellung wurde durch die Technische Universität Dresden, die Hochschule Neubrandenburg und das Deutsche Kulturforum Östliches Europa in Kooperation mit Partnern in Polen und in Deutschland konzipiert und dient dazu, diesem Mangel abzuhelfen.
Die Präsentation der Ausstellung in Słubice erfolgte in Kooperation mit dem Collegium Polonicum, dem Studiengang „Schutz Europäischer Kulturgüter“ an der Europa – Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und dem Deutschen Kulturforum Östliches Europa.
Netzwerkworkshop für Multiplikatoren und Multiplikatorinnen der kulturellen Breitenarbeit aus den grenzüberschreitenden Regionen
Am Mittwoch, den 21. Februar 2018 fand ein Workshop der Kulturreferentin für Pommern und Ostbrandenburg zur grenzüberschreitenden, kulturellen Breitenarbeit und Förderung von Projekten aus Bundesmitteln im Einklang mit Paragraph 96 BVFG. Eingeladen zum Workshop waren Vertreter der Vertriebenenorganisationen aus Deutschland und aus Polen, Vereine aus dem Bereich kulturelle und politische Jugendarbeit, Vereine mit dem Arbeitsschwerpunkt Geschichtsvermittlung und deutsch-polnische Zusammenarbeit sowie Bildungseinrichtungen. Nach einer Begrüßung durch den Direktor des Pommerschen Landesmuseums, Herrn Dr. Uwe Schröder und der Vorstellung des Kulturreferats für Pommern und Ostbrandenburg durch die Kulturreferentin, Frau Dorota Makrutzki, teilten sich die 21 Teilnehmer und Teilnehmerinnen in Kleingruppen auf. In diesen wurden aktuelle Themen und Herausforderungen der Kulturarbeit in den Regionen diskutiert. Die Referenten waren: Dr. Przemysław Jackowski mit dem Thema „Zentren und Peripherien: ländliche Gebiete und größere Ballungszentren – Probleme, Chancen und gemeinsame Herausforderungen“ und Dr. Magdalena Gebala mit dem Thema „Ein Forum für östliches Europa - Länderreferentin für Polen berichtet aus der Projektpraxis“. Im Anschluss fanden Projektpräsentationen statt: „Im Fluss der Zeit - Jüdisches Leben an der Oder“ Projektvorstellung von Magdalena Gebala (Deutsches Kulturforum Östliches Europa) und „Orte und Grenzen – das Ortsfest in Stolec, Pampow, Blankensee und Glashütte von Rafał Foremski und Malik Meyer (Theaterzentrum Kana). Das Programm wurde durch eine Projektpartnerbörse, eine Museumsführung und einer Sprechstunde für Antragsteller am Kulturreferat für Pommern und Ostbrandenburg.
Nächster Netzwerkworkshop am Kulturreferat für Pommern und Ostbrandenburg ist für Herbst 2019 geplant.
TAKE ME TO THE PLACE, 20. Januar – 17. März 2018
Studierende des Caspar-David-Friedrich-Instituts im Pommerschen Landesmuseum und im Caspar-David-Friedrich Zentrum
Im Juni 2017 begaben sich 16 Studierende des Caspar-David-Friedrich-Instituts unter der Leitung von Daniela Risch auf eine Reise von Greifswald nach Stettin (Szczecin). In der pommerschen Metropole angekommen, die vielen trotz der geringen Entfernung noch gänzlich fremd und unbekannt war, sollten sie sich als Reisende künstlerisch mit der Stadt auseinandersetzen. Die entstandenen Arbeiten zeigten deutlich, wie vielfältig die Wahrnehmung einer neuen Umgebung sein kann – vom Großstadturwald über Architektur bis hin zu Verkehrsaufnahmen und Szenen des täglichen Lebens. Zu Fuß und nur gelegentlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln – sozusagen als heutige Version des romantischen Wanderers – erkundeten die Studierenden die Stadt. An gleich zwei Orten in Greifswald, im Pommerschen Landesmuseum und im Caspar-David-Friedrich-Zentrum, fügte die Ausstellung die so entstandenen Fragmente zu einem neuen Ganzen zusammen. Die Ausstellung wurde durch Führungen, Vorträge und Workshops begleitet.
In Kooperation mit dem Caspar-David-Friedrich-Institut und dem Caspar-David-Friedrich Zentrum.
Kurzbericht zur Studienreise: Besuch im Museum des Zweiten Weltkrieges in Danzig (Muzeum II Wojny Światowej / Gdańsk) 12.-14. April 2018
Seit dem Beginn des neuen Millenniums erlebt Polen einen musealen Boom. Von 2011 bis 2016 wurden dem Zentralen Statistischen Amt nach 167 neue Museen und museale Abteilungen eröffnet. Darunter solche öffentlich breit diskutierten Einrichtungen wie das Museum der Polnischen Juden POLIN in Warschau (2014), das Dialogzentrum „Umbrüche“ in Stettin (2015) sowie das an neuem Standort errichtete Schlesische Museum in Kattowitz (2015). In der Konsequenz stieg auch die Gesamtzahl der MuseumsbesucherInnen. Alleine in der Wojewodschaft Pommern wurden 2016 über 2 Millionen BesucherInnen mehr als im Jahr 2011 gezählt. Einen besonderen Platz nehmen in der musealen Landschaft Polens Ausstellungen mit einem zeitgeschichtlichen Schwerpunkt ein – sie stellen naturgemäß auch einen Schauplatz im Ringen um geschichtspolitische Deutungshoheit dar. Geradezu verdichtet kann man dies in der Dreistadt Danzig-Zoppot-Gdingen besichtigen, in der mit dem Aufkommen der Solidarność-Bewegung in der Danziger Lenin-Werft, dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges auf der Westerplatte sowie dem Aufbruch der Zweiten Polnischen Republik in der Zwischenkriegszeit in Gdingen drei zentrale Erinnerungsorte der neuesten polnischen Geschichte museal zugänglich gemacht werden. Während der Studienreise besuchten die TeilnehmerInnen das 2014 eröffnete Europäische Solidarność-Zentrum in Danzig, das neugebaute Museum des II. Weltkrieges in Danzig sowie das Museum der Stadt Gdingen mit der 2017 grunderneuerten Dauerausstellung. Die Neubauten dienen als neue Wahrzeichen, verstärken und ergänzen mit ihrer Form die inhaltliche Aussage der Einrichtungen und sind mit ihrer quadratmetergroßen Fläche perfekt auf ihre Ausstellungsfunktion ausgerichtet. Das Europäische Solidarność-Zentrum knüpft, ähnlich wie das Stalsunder Ozeaneum, mit der Gestaltung der Außenfassade an die örtliche Schiffsbautradition, hier der ehemaligen Lenin bzw. Schichau-Werft. Der schräg aufragende Turm des Museums des Zweiten Weltkrieges soll die hoffnungsvolle Zukunft und den Wiederaufbau symbolisieren. Wie schon aus der Namensgebung hervorgeht, verstehen sich viele Museen mittlerweile als Begegnungsorte, Dialogzentren und Veranstaltungsorte. Die beiden besuchten Neubauten beeindrucken mit ihren Dimensionen, den durchgestylten Räumen und Inszenierungen. In diesem Vergleich sticht die kleine Ausstellung des Museums der Stadt Gdingen deutlich heraus. Auf einer verhältnismäßig kleinen Fläche entdeckt man neben recht sparsam verwendeten multimedialen Anwendungen auch viele manuelle oder simple mechanische Hand-ons. Das Museum des II. Weltkrieges überraschte mit einer schlüssigen und altersgerechten Kinderausstellung. Darüber hinaus sind die im Rahmen der Studienreise besuchten Museen ein Beispiel für verschiedene Finanzierungsmodelle. Vom staatlich finanzierten Museum, über eine städtische Einrichtung bis zu einer öffentlich-privaten Partnerschaft.
Ein gemeinsames Projekt der Universität Szczecin (Uniwersytet Szczeciński), Zespół Dworsko-Parkowy w Kulicach und der Kulturreferentin für Pommern und Ostbrandenburg am Pommerschen Landesmuseum Greifswald. Das Bild zeigt den Besuch im Museum des II. Weltkrieges in Danzig (Gdańsk), © Paweł Migdalski
Die Grenze zwischen Pommern und Brandenburg – Projekttage für Kinder und Jugendliche, 14.-17. Mai 2018, im Schloss Bröllin
Vom 14. bis 17. Mai 2018 kamen insgesamt 23 Schülerinnen und Schüler des Evangelischen Schulzentrums „Martinschule“ Greifswald, des Sonderschulzentrum in Falkenwalde (Tanowo) (Specjalny Ośrodek Szkolno-Wychowawczy w Tanowie) und des Jugendschulzentrum in Augustwalde (Wielgowo) (Młodzieżowy Ośrodek Socjoterapii w Wielgowie) zu einem Theaterworkshop in Bröllin rund um die Themen „Grenze“ sowie „Kindheit auf dem Gut“ zusammen.
Das Rittergut Bröllin liegt sechs Kilometer südlich von Pasewalk und somit bereits im Gebiet der früheren Preußischen Uckermark, die zur Mark Brandenburg gehörte. Von „Uckermark“ spricht man seit 1250, als der gesamte Landstrich aus dem Besitz der Pommernherzöge auf den Markgrafen von Brandenburg überging. Nach dem dreißigjährigen Krieg blieb das Territorium brandenburgisch, während das benachbarte Pommern zu Schweden kam. Dies führte in der Folge immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden Mächten und erheblichen Folgen für die Bevölkerung. Mit dem Frieden von 1720 wurde der Teil Pommerns südlich der Peene zusammen mit Usedom und Wollin preußisch. Im Jahre 1945 wurden die nördlichen Teile der Uckermark in den Kreis Randow und somit auch zu Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen. Auch nach der Gebietsreform 1990 blieben kleine uckermärkische Gebiete um Straßburg und südlich von Pasewalk innerhalb des neuen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Seit der Kreisgebietsreform 2011 ist Bröllin als Ortsteil von Fahrenwalde ein Teil des Landkreises Vorpommern-Greifswald.
Inspiriert durch die Lage des Standortes zwischen den historischen Provinzen Pommern und Brandenburg (und fasst genau in der Mitte zwischen Projektpartnern aus Polen und Deutschland) widmeten sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Begegnung sowohl den historischen als auch soziokulturellen Aspekten der Grenze. Die Gruppe wurde durch eine Sondertheaterpädagogin begleitet. Im Rahmen der Workshops wurde mit zahlreichen theaterpädagogischen Elementen auch die Infrastruktur im Schloss Bröllin genutzt und Anknöpfungen zu den beiden Leitthemen hergestellt. Zum Abschluss wurden durch die Teilnehmer und Teilnehmerinnen kurze Theateretüden vorgeführt. Die Ergebnisse der kreativen Workshops (eigens gestaltetes Spielzeug, Wappen und andere Kunstwerke) wurden feierlich als Ausstellung präsentiert.
Caspar David Friedrich und die Ostsee-Romantik.
Zur Frage der Aktualität der Kunst der Romantik in der zeitgenössischen Museums- und Ausstellungsarbeit - Exkursion mit Studierenden der Technischen Universität Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. Rafał Makała in die Geburtsstadt von Caspar David.
Die Studierenden der Kunstgeschichte Ostmitteleuropas an der Technischen Universität Berlin setzten sich im Rahmen der Exkursion mit dem Romantikmythos, seinen Anfängen in der Ostseeregion, sowie mit den aktuellen Ausstellungskonzeptionen zur Galerie der Romantik im Pommerschen Landesmuseum auseinander. Die Ostseelandschaft ist ein bekannter Topos in der Malerei Caspar David Friedrichs. Seine Heimat an der Ostsee weckte seit den 1820-er Jahren das Interesse der Künstler, einer breiten Öffentlichkeit und schließlich des damals entstehenden modernen Tourismus. Friedrichs Werk schreibt sich in die romantische Idee einer Entdeckungsreise in eine „vergessene Landschaft“, jene Idee, die zu seiner Zeit sehr verbreitet war und die in der Kunst bis heute als ein Topos zu sehen ist. Doch auch im gesamten Ostseeraum war Friedrichs Einfluss gravierend (u.A. in Skandinavien). An der deutschen Ostseeküste wurden seine Malerei und die von ihm geschaffene Vision des „Landes am Meer“ weitgehend identitätsstiftend.
Im Rahmen der Exkursion befassten sich die Studierende mit den zwei oben angesprochenen Themen: mit dem Topos einer romantischen Entdeckungsreise und mit der Problematik des heutigen Umgangs mit dem Werk Friedrichs und der Romantiker. Für das erste Thema bildeten die Ausstellung „Wanderlust“ in der Alten Nationalgalerie sowie die Dauerausstellung des Pommerschen Landesmuseums zahlreiche Anhaltspunkte für die Inhalte des Workshops dar. Die letztgenannte Einrichtung ist dann der Ort für die Ausarbeitung der zweiten Frage. Die geplante Umgestaltung der Kunstsammlung des Pommerschen Landesmuseums in eine Romantik-Galerie fügt sich gut in den Diskurs über die Aufgaben und Arbeitsmöglichkeiten der zeitgenössischen Museen. Dies bot die Möglichkeit, ein museales Konzept in der Entstehungsphase kennenzulernen und über seine Auswirkung auf das gesamte Angebot des Pommerschen Landesmuseums im Rahmen eines Wokshops nachzudenken. Als Projektvorbereitung im Vorfeld fand ein Ausstellungsbesuch der Teilnehmenden in der Nationalgalerie. Als Abschluss wurde eine Diskussion durchgeführt. Der erste Tag der Exkursion begann mit Impulsvorträgen der Kuratoren des Pommerschen Landesmuseums in Greifswald. Als Fortsetzung wurde am zweiten Tag vor Ort ein Workshop zu dem Topos Wanderung in der Malerei Friedrichs durchgeführt. Den Abschluss bildete eine Auswertungsrunde an der Technischen Universität Berlin.
An der zweitägigen Fahrt nahmen zehn Studentinnen und Studenten aus Berlin und Brandenburg teil. Das Projekt wurde in Kooperation zwischen der Technischen Universität Berlin und der Kulturreferentin für Pommern und Ostbrandenburg am Pommerschen Landesmuseum umgesetzt. Finanziell wurde das Vorhaben durch die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien unterstützt.
Über Orte und Grenzen
„Über Orte und Grenzen“ sprachen miteinander die im Ballhaus Pampow am 1. Juni 2018 zum Tanz versammelten Einwohner der grenznahen Orte: Pampow, Stolzenburg (Stolec) und Blankensee. Spannende und teilweise skurrile Geschichten der Einwohnern aus den 1960-er bis in die 2000-er Jahre, spiegelten sehr gut die politischen Beziehungen der damaligen Zeit: zwischen der „Friedens- und Freundschaftsgrenze“ und dem Schengener Abkommen. Mit dem Losen der vorbereiteten Stichworte wurde grob das Gesprächsthema festgelegt: Leben an der Grenze, beiderseitig, früher und heute, historische Gemeinsamkeit, sozialistische Zeit, grenzübergreifende Liebe, Metropole Stettin, Arbeitgeber - früher und heute, günstiges Wohnen auf deutscher Seite, Kirche, Vorfahren, Wohnen auf polnischer Seite?, Stettiner Zipfel, Westpommern, Ostmecklenburg, Bezirk Neubrandenburg, Arbeit, Frieden- und Freundschaftsgrenze. Das Leben schreibt bekanntlich die spannendsten Geschichten:
„Mein Hochzeitskleid habe ich 1974 in einem kleinen Laden in Polen gekauft“ (Edelgard)
„…und ich habe es heute noch. Es ist ganz aus Spitze und hat am Hals, an den Ärmeln und am Saum Rüschen. Danach hatte ich es nur noch einmal angehabt – bei der Hochzeit meiner Freundin. Ich habe es umgefärbt und es ist jetzt lachsfarben. Jetzt passt es mir wahrscheinlich nicht mehr, ich war damals noch dünner.“
Projektpartner: Heimatverein Pampow, Theaterzentrum Kana, Judit Ferreras Expósito, Malik Meyer
Jüdisches Leben in Stettin / Pommern vor dem Holocaust in Interviews aus dem Visual History Archive der USC Shoah Foundation. Ein Projekt für deutsche und polnische Studierende, Stettin (Szczecin), 11.-15.6.2018
Im Aufschwung, den die Erforschung jüdischer Geschichte in Deutschland und Ostmitteleuropa in den letzten Jahrzehnten genommen hat, bildet die Geschichte jüdischen Lebens in Pommern einen kleinen Bereich.
Eine wichtige Quelle, um diesen zu stärken, stellt das Visual History Archive der Shoah Foundation an der University of Southern California in Los Angeles dar. Initiiert von Steven Spielberg wurden in den 1990er Jahren über 50.000 Interviews mit Überlebenden des Holocaust aufgenommen. Einige dieser Interviews hat das Pommersche Landesmuseum in Greifswald für seine Dauerausstellung über das 20. Jahrhundert ausgewählt, die zur Zeit vorbereitet wird. Ausschnitte aus den Interviews sollen dort in deutsch- und polnischsprachigen Übersetzungen zugänglich gemacht werden. Zudem hat das Historische Institut der Universität Szczecin weitere Interviews über die Online-Plattform des Visual History Archivs bereitstellen lassen, die Informationen über Stettin und weitere Orte im polnischen Teil Pommerns enthalten.
Der Workshop umfasst eine Einführung in methodische Probleme der Oral History am Beispiel jüdischer Lebensgeschichten, Qualitätsmanagement und Verbesserungskontrolle der bereist vorliegenden Übersetzungen, Sichtung von noch nicht ausgewerteten Interviews der Interviews auf relevante Informationen und deren Ergänzung durch weitere Quellen (Adressbücher, archivalische Quellen).
Projektpartner: Historisches Institut der Universität Szczecin (Prof. Jörg Hackmann); DAAD-Lektorat, Universität Szczecin (Dr. Matthias Guttke); Institut für Geschichte der TU Dresden, (Jun-Prof. Tim Buchen); Pommersches Landesmuseum (Gunther Dehnert)
Krieg, Verbrechen, Technik – auf dem Weg der V2-Rakete von Peenemünde nach Leba.
Eine deutsch-polnische Fachexkursion - 24.-26. Oktober 2018
Zweck der Reise war eine Spurensuche der militärtechnischen Geschichte in der bi-nationalen Region. Dabei ging es um das Verhältnis von Natur und technisch-industrieller Zivilisation und um die Analyse internationaler Erinnerungsformen. Nach einer Einführung im Historisch-Technischen Museum Peenemünde wurden die besuchten Museen jeweils mit einer Führung durch einen lokalen Experten vorgestellt und anschließend in einer Diskussion über den Ort, seine Geschichte und deren Aufarbeitung vertieft. Die Route der Reise bewegte sich entlang der ehemaligen Abschusslinie an der pommerschen Ostseeküste von Peenemünde über Kolberg bis nach Leba. Zu den besuchten Einrichtungen gehörten: Historisch Technisches Museum Peenemünde, Museum V3 in Laatzig (Zalesie), Museum der Polnischen Waffen in Kolberg, Museum des Versuchspoligons in Rumbke (Rąbka) bei Leba. Teilgenommen haben Studierende der Universität Stettin und Universität Greifswald sowie Expertinnen und Experten. Einige Eindrücke der Exkursionsteilnehmer:
„Die lebendige Geschichte des Ortes spricht mich an.”/ „Die Exponate anfassen zu können, ist ein großer Vorteil.”/ “Man darf nicht über den Krieg sprechen, ohne politische Aspekte und die Opferperspektive zu berücksichtigen.“/ „So viele Aufwendungen wurden dem Bau eine Waffe gewidmet, die massenhaft Menschen töten sollte.”/ „Polnische Besucher nehmen den Ort doch häufig anders auf als deutsche.”/ „Nur das Wetter hätte besser sein können.”
Kooperationspartner: Historisch-Technisches Museum Peenemünde, Uniwersytet Szczeciński
Exkursion ins Riesengebirge, 17.-21. September 2018
Caspar David Friedrich und die Romantik werden längst als Dachmarke für den Tourismusmarketing in Mecklenburg-Vorpommern diskutiert. Mit der Initiative „natürlich romantisch“ wurden bereits Projekte ins Leben gerufen, die das touristische Potential dieser Themen für ein landesübergreifendes Marketingkonzept berücksichtigten. Wie ist es aber im internationalen Kontext? Welche Möglichkeiten bestehen für kulturelle Einrichtungen und Tourismusverbände im grenzüberschreitenden deutsch-polnischen Bereich tätig zu sein? Zum einen konnte mit der Exkursion in dieser Hinsicht an das Marketingkonzept angeknöpft werden und durch konkrete Vorschläge wurden Möglichkeiten zur Erhöhung der Zugänglichkeit der Themen für ein internationales Publikum geprüft. Viele zentrale und für die Region Pommern relevante Motive der Malerei Friedrichs befinden sich in den polnischen Karkonosze (Riesengebirge). Im Rahmen der Exkursion konnten Kontakte zu Museen, Bildungseinrichtungen und Touristikern vor Ort geknöpft werden. Eine mögliche Zusammenarbeit könnte zukünftig als Bestandteil des Jubiläums zum 250. Geburtstag Caspar David Friedrichs im Jahr 2024 strategisch aufgebaut und in gemeinsamen Bildungsmaßnahmen und touristischen Formaten umgesetzt werden. Das zweite Ziel der Reise bestand in der Rekonstruktion der Wanderroute von Caspar David Friedrich und in der Gegenüberstellung der Zeichnungen und Bilder von Juli 1810 mit den erhaltenen Blickachsen in der heutigen Landschaft. Dafür begaben sich die TeilnehmerInnen auf eine mehrtägige Wanderreise in Nationalpark Karkonosze und besuchten weitere Zeichenstandorte Friedrichs bei Warmbrunn (Cieplice) und Seidorf (Sosnówka). Die Exkursion ins Riesengebirge richtete sich an ExpertInnen und MultiplikatorInnen aus der Region. Teilgenommen an der Exkursion haben MitarbeiterInnen des Pommerschen Landesmuseums, des Caspar-David-Friedrich-Zentrums sowie der Tourismusverbände sowie ReiseleiterInnen. Die zwei Ausgewählten O-Töne von der Reise geben einen Eindruck über die Erfahrungen der Reisegruppe:
„Die Begegnung mit Caspar David Friedrich an den Originalschauplätzen im Riesengebirge war höchst inspirierend. Wichtig war es vor allem, sich die Wege zu diesen An- und Aussichten, wie es schon Friedrich tat, zu erarbeiten=erwandern. Ein besonderer Moment war für mich der Blick auf das Berge-Nebelmeer, von der Schneekoppe aus gesehen. Damit sind die Suche Friedrichs und auch seine Werke noch einmal verständlicher geworden. Zweiter entscheidender Augenblick war das Auffinden der Aussicht auf das Schneegrubenmassiv und den Reifträger, die Friedrich im Greifswalder Bild "Ruine Eldena im Riesengebirge" verewigt und mit seinem Lieblingsmotiv, der Klosterruine in Eldena, verbunden hat.“ Susanne Papenfuß (Caspar-David-Friedrich-Zentrum)
„Seit vielen Jahren setze ich mich mit der Bilder- und Gedankenwelt Caspar David Friedrichs auseinander und versuche diese Schülern nahe zu bringen. Das Nachwandern, Nachsehen und Nacherleben hat mir einen neuen Zugang in seine Welt ermöglicht. Ich habe körperlich erfahren, welche physischen Herausforderungen er bewältigt hat. (…)“ Ines Darr (Pommersches Landesmuseum)
Nordoststreifen – ein besonderer Film im plm: „Es war einmal Pommern“
Genau einen Monat nach der Premiere in Stettin (Szczecin) wurde am 22. November 2018 der neueste Dokumentarfilm von Michał Majerski im Rahmen des Festivals polenmARkT im Pommerschen Landesmuseum gezeigt. Majerski, der sein Filmprojekt „Es war einmal Pommern“ von Stettin aus umsetze, stand nach dem Film für ein Gespräch zur Verfügung. Martin Hanf, Pädagoge, Radiomoderator und Grenzlandexperte aus Stettin leitete das Gespräch. Die inhaltliche Bandbreite des Filmes ließ bereits erahnen, über welchen langen Zeitraum die Dreharbeiten zu dem Film stattfanden. Die aufgenommenen Gespräche mit Zeitzeugen aus Polen und aus Deutschland liefern ein sehr differenziertes Bild der Erinnerung an Pommern. Vielfältige Überlegungen zur Identität bilden einen wunderbaren Ausgang zur Diskussion über das Erinnern und Vergessen, Anklage und Vergebung. Poetische Landschaftsbilder sowie fiktionale Einschübe vervollständigen die Betrachtung und geben ihr einen Rahmen. Der Zuschauer wird zum Zeugen intimer Gesprächssituationen. Ohne Zweifel hat Michał Majerski ein Talent dafür, seinen Gesprächspartnern ihre Reflexionen zu entlocken und diese auf Kamera zu verewigen. Im einem Stettiner Eck-Café lernen wir den Architekten und Romanautor Leszek Herman und seine Begeisterung für die vergessenen pommerschen Legenden kennen, in einem Wohnzimmer erfahren wir vom Schriftsteller Artur Liskowacki provozierend formuliert, welche Vorteile ein vollständiges Vergessen der Geschichte mit sich bringen würde. Alleine diese beiden Protagonisten könnten einen ganzen Diskussionsabend ausfüllen. Aus den Reihen des Publikums gab es zahlreiche interessierte Wortmeldungen und Nachfragen nach der Verfügbarkeit des wertvollen Materials. Da der Film keinen Verleiher gefunden hat und der Regisseur ihn weitgehend auf eigene Kosten produzieren ließ, sind Interessensbekundungen und Anfragen direkt an den Regisseur zu richten. Die begeisterte Aufnahme des Filmes in Greifswald beweist, wie aktuell das Thema der Identität in der grenzüberschreitenden Region Pommern ist. Nach der Uraufführung in Stettin erschien im Kurier Szczeciński bereits eine enthusiastische Filmkritik, die wie folgt die Leistung des Regisseurs schildert: „Es war einmal Pommern“ – „ist ein einzigartiges Dokument, welches über viele Jahre entstanden ist […] In eineinhalb Stunden erzählt der Film mit Stimmen von über vierzig Protagonisten die Geschichte des heutigen, durch Geschichtsstürme und Kriege zerrissenen Pommern.“ „Filme von Michał Majerski sind persönlich und emotional – sie fällen keine schnellen Urteile, sondern konzentrieren sich darauf, in erster Linie die Gesprächspartner/ Protagonisten zu zeigen.“ – "Magazynek", Beilage zu "Kurier Szczeciński".
Hans von Beseler (1850-1921). Der deutsche Generalgouverneur in Warschau und die polnische Unabhängigkeit 1918
Dieses Jahr begeht Polen nach 123 Jahren der Teilung den 100. Jahrestag der Wiedererlangung seiner Eigenstaatlichkeit. Dieses zentrale Datum der polnischen Erinnerungskultur bietet den Anlass, den in Greifswald geborenen General Hans von Beseler während der Zeit der deutschen Besatzung Warschaus im Ersten Weltkrieg vorzustellen. In der Funktion als Generalgouverneur verfolgte er eine gleichfalls ambitionierte wie ambivalente Polenpolitik. Von Beseler, der in seiner Position des Generalgouverneurs nur dem Deutschen Kaiser Rechenschaft schuldig war, sah in Polen einen verbündeten „Junior-Partner“, der als Bollwerk gegen den "nicht kultivierten" Osten eine Art Pufferzone bilden sollte. In seinen Tagebüchern und Briefen schätzte von Beseler die polnischen Forderungen nach vollständiger Unabhängigkeit als überheblich ein. Diese Quellen geben einen sehr guten Eindruck davon, wie sich in von Beselers Einstellung die Überzeugung von der Überlegenheit des Westens mit einer gewissen Bewunderung für Polens Eliten vermischten. Von Beseler verließ Greifswald im Alter von 16 Jahren und machte schnell Militärkarriere. Einer der Höhepunkte seiner Laufbahn war, neben der Einnahme Antwerpens an der Westfront, die Proklamierung des bisher dem Russischen Reich zugehörigen Territoriums „Kongresspolen“ zum „Königreich Polen“ am 5. November 1916. Dieses unterstand zum Teil der Verwaltung Berlins (Generalgouvernement Warschau) und zum Teil der in Wien (GG Lublin). Das Dokument der Proklamation kann digitalisiert im Archivbestand des Herder Instituts angesehen werden: www.herder-institut.de/go/Uu-3ffcd2
Der verlorene Krieg und die Angst vor der Verfolgung durch Revolutionäre trieben Hans von Beseler im November 1918 zur Flucht aus Warschau an. Obwohl sein Abgang aus Warschau, inkognito und von Piłsudski geschützt, in der allgemeinen Wahrnehmung nach 1918 vielfach diffamiert wurde, attestierte ihm eine spätere offizielle Untersuchung, einwandfrei gehandelt zu haben. Lange Zeit dominierte in der Bewertung der Politik Beselers die Einschätzung Piłsudskis. Durch den Vergleich mit anderen Besatzungspraktiken (Ober-Ost, Generalgouvernement Lublin) setzt sich allmählich eine differenziertere Beurteilung Beselers durch. Als "ordentlichen Deutschen" würdigte auch ein ausführlicher Artikel der Zeitschrift "Newsweek Polska" anlässlich des Tages der Unabhängigkeit Hans von Beseler, dessen Wirken somit auch im polnischen Diskurs präsent bleibt.
Vorgetragen am 21.11.2018 von Prof. Dr. Stephan Lehnstaedt, Berlin.
„Brauchtum in Pommern – grenzüberschreitend erhalten und pflegen“, 25.-26.11.2018
Bei diesem Arbeitstreffen widmeten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dem Thema Brauchtum auf dem Gebiet der historischen Region Pommern, vor und nach 1945. Nach der wechselhaften Geschichte, dem nahezu kompletten Bevölkerungsaustausch sowie der Veränderung der administrativen und staatlichen Grenzen, ist es wichtig, einen Wissensaustausch zur traditionellen Kultur in Pommern zu führen. Die Begriffe "Tradition" oder "Traditionen" in Bezug auf Pommern verursachen bei den Einwohnern beiderseits der Grenze unterschiedliche Assoziationen und Reaktionen. Interessant ist auch die Frage, ob über die Pommerschen Traditionen nur in der Vergangenheitsform gesprochen werden kann. Zur Diskussion und aktiver Teilnahme an der Tagung waren ForscherInnen und PraktikerInnen aus Polen und Deutschland sowie Personen, die Projekte zur Pflege und Vermittlung der materiellen und immateriellen Kultur der Region umsetzen eingeladen. In der ersten Workshoprunde nahmen die 45 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an vier Themendiskussionen teil: -Musik und Tanz, -Trachten und Handwerk, -Sprache und Gesang, -Alltag / Feste im Jahreskreis und Familienfeste/ Bräuche in Pommern. Die Gespräche, Präsentationen und Workshops dienten dem Austausch von Wissen, Erfahrungen und Perspektiven im deutsch-polnischen Kontext. Am zweiten Tag wurde ein Raum für den Austausch über neue Projektideen und eventuelle Kooperationen geschaffen. Zusätzlich fand ein Abend mit Gesprächen über Musik und Tanz statt. In diesem Rahmen wurden unter anderem Beispielmelodien aus dem Pommerschen Volksliedarchiv sowie Ergebnisse einer Feldforschungsarbeit in Westpommern präsentiert. Das am Universitätsarchiv Greifswald untergebrachte Volkskunde- und Volksliedarchiv standen eben wie ein Ideenaustausch zur Forstsetzung des Austausches innerhalb des Netzwerks im Mittelpunkt der Konferenz.
Pommerscher Kunsthandwerkermarkt – Advent im Grauen Kloster
„Ein vorweihnachtlicher Pflichttermin.“, „Einer der schönsten Adventsmärkte in der Region!“ (Ahoi Greifswald), „Wer Weihnachtsmärkte mit einer besinnlichen Atmosphäre mag, braucht nicht unbedingt lange Wege zurücklegen (…), das Pommersche Landesmuseum bietet (…) seit Jahren eins an (…) und setzt dabei auf das bewährte Konzept, ein Angebot von regionalen Produkten mit einem familiären Unterhaltungsprogramm zu verbinden.“ (Inside Greifswald)
In diesem Jahr lag der Schwerpunkt des Marktes auf den vielen Mitmachangeboten. Von Tundeln und Bandweben, über Papierfalten und Korbflechten bis zum Drucken und Keramik. Ergänzt wurde der zweitägige Markt traditionell durch ein Begleitprogramm mit Auftritten von Chören aus der Region und Theater für Kinder und Erwachsene sowie vielen Präsentationen der traditionellen Handwerkskunst. Erstmalig in Greifswald ertönten im Grauen Kloster die orthodoxen Weihnachtsgesänge gesungen vom Stettiner Ensemble Analipsis. Im Jahr 2018 besuchten den Pommerschen Kunsthandwerkermarkt rund 2.900 Besucher.
Ein Tag am Meer – Schenkung Inge Götze
Die Textilkünstlerin Inge Götze wurde 1939 in Wangerin (Kreis Regenwalde) geboren. Heute heißt die Kleinstadt Wegorzyno und ist Sitz einer Stadt- und Landgemeinde gleichen Namens in der polnischen Wojewodschaft Westpommern im Powiat Lobeski (Kreis Labes).
Die Kindheit in dem kleinen Landstädtchen in Hinterpommern und ihre Jugendzeit in Mecklenburg nach Ende des II. Weltkrieges haben in ihren späteren textilen Werken deutliche Spuren hinterlassen. Dabei thematisiert Inge Götze in ihren ersten Arbeiten oft die Arbeit und das Leben in diesen Landstrichen und lässt ihre Beobachtungen und Erlebnisse in die figürlichen Darstellungen einfließen. In den freieren ornamentalen Kompositionen die parallel dazu und in späterer Zeit entstehen, gilt ihr ebenso die Natur als wichtiger Anreger. „Blumen als haltgebende Ordnung, das Muster für das Ornament ist die Pflanze.“ (Zitat Rüdiger Giebler).
In großformatigen Bildteppichen, Gobelins und Applikationen beschäftigt sich Inge Götze darüber hinaus mit allgemeingültigen menschlichen Themen aus der Welt der Musik, Literatur, und Geschichte. Auch hier lassen sich zahlreiche Beispiele für die Auseinandersetzung der Künstlerin mit speziell pommerschen Themen finden. Besonderes Interesse findet dabei das Freizeitverhalten der Menschen an der pommerschen Ostseeküste. Dabei erinnern Applikationen wie ihre Arbeit „Strandgeschichte“ von 1979, welche sie dem Pommerschen Landesmuseum im Zusammenhang mit ihrer Ausstellung 2017/18 schenkte, an die in der DDR weitverbreitete Freizeitkultur des Nacktbadens (FKK = Freie Körper Kultur). In dieser Arbeit erlebt der Mensch, an die biblische Geschichte von Adam und Eva erinnernd, paradiesische Zustände.
Im Reformationsjahr 2017 beteiligte sich Inge Götze im Rahmen der entsprechenden Veranstaltungen zu dieser Thematik mit einer aktuellen Ausstellung. Nach der erfolgreichen Ausstellung „Luthers Norden“ zeigte das Pommerschen Landesmuseum vom 24. September 2017 bis zum 7. Januar 2018 unter dem Titel „Ins Angesicht geschaut“ ihre aktuellen Adaptionen zu den Porträtdarstellungen des Croy-Teppichs. Für diese Ausstellung hat sich die Künstlerin intensiv mit den Druckwerken, Zeichnungen und Gemälden von Albrecht Dürer, Heinrich Aldegrever, von Lucas Cranach d. Älteren und Lucas Cranach d. Jüngeren, sowie anderer Künstler der Reformationszeit beschäftigt. Zudem studierte sie die Biographien der abgebildeten Personen aus der kurfürstlich ernestinischen Familie Sachsens und der herzoglichen Familie Pommerns, sowie das Leben und Werk der protestantischen Reformatoren Philipp Melanchthon, Martin Luther und Johannes Bugenhagen. Des Weiteren führten sie ihre Recherchen zur Geschichte des Croy- Teppichs nicht nur in diverse Bibliotheken und Archive, sondern auch in die Museen Stettins und Greifswalds. Für die Ausstellungseröffnung am 24. September 2017 konnte in Anwesenheit von Inge Götze der Hallenser Künstler und Kurator Rüdiger Giebler gewonnen werden. Dazu fand ein Künstlergespräch statt und unter dem Titel „Das repräsentative Antlitz der Reformation – Betrachtungen über die Adaptionen zu den Porträtdarstellungen des Croy-Teppichs von Inge Götze“ am 11. Oktober 2017 ein Vortrag von Mario Scarabis. Die Ausstellung wurde bis Ende Februar 2018 verlängert und da sich die Künstlerin weiterhin mit dem Thema beschäftigt, wurden am 6. Oktober 2018 anlässlich der ersten öffentlichen Präsentation ihrer Schenkung, der Applikation „Strandgeschichten“ und der Porträtadaptionen zum Croy-Teppich, innerhalb der Foyer- Ausstellung „Ein Tag am Meer – Die Schenkung Inge Götze“ auch neuentstandene Arbeiten vorgestellt. Diese Ausstellung ist bis Anfang März 2019 zu sehen. Innerhalb des Programms zur Vorstellung der Schenkung wurde unter dem Titel: „Sonne pur – Textiles einmal anders“ am 10. Oktober 2018 ein Vortrag von Mario Scarabis über die Textilkünstlerin Inge Götze angeboten.