Ausgrabungen am Landesmuseum

Blick auf das Areal der Ausgrabung von der Museumsstraße aus, rechts und links Gebäude. Auf der Erdoberfläche liegt Schnee. Zu erkennen sind Löcher, teils mit Brunnenringen, in zwei Reihen.
Blick auf das Areal der Ausgrabung von der Museumsstraße aus

Am Mittwoch, den 6. Dezember fand ein Pressegespräch im Pommerschen Landesmuseum statt. Die Ende Oktober begonnenen Ausgrabungen sind fast abgeschlossen. Die Grabungsleiterin Renate Samariter (Archäologie in Mecklenburg-Vorpommern) und der Bauhistoriker André Lutze gaben einen Überblick.

Die Ausgrabungen beschränken sich gezielt auf die Stellen, wo sechs Brunnenringgründungen – in zwei parallelen von Ost nach West verlaufenden Reihen – als Fundament der „Kapelle“ der Galerie der Romantik tiefer in den Boden reichen. Die Brunnenringe mit einem Durchmesser von 1,5 m greifen jeweils drei Meter tief in den Boden ein. In der gesamten Tiefe fanden sich Kulturschichten. Im Franziskanerkloster befand sich in dem Areal der Chor der Kirche, später ein Friedhof.

Wie schon bei Ausgrabungen 2019 – damals wurden höhere Schichten auf dem gesamten Areal der Baustelle abgetragen – kamen überwiegend Bestattungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert zu Tage. Damals wurden 30 Bestattungen entdeckt, 14 Erwachsene und 16 Kinder. Bei den jetzigen Grabungen wurden insgesamt 13 Bestattungen gefunden, davon 11 aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Bei zehn Individuen handelt es sich um Erwachsene. Ein Kind im Alter von fünf bis sieben Jahren, mit einer charakteristischen Milchzahnlücke, trug eine Totenkrone. Es handelt sich um übliche christliche Bestattungen: Die Verstorbenen wurden in Särgen beigesetzt, auf dem Rücken liegend, mit Blick nach Osten. Das Holz selbst ist zwar nicht erhalten, aber Abdrücke davon und teilweise Sargnägel. Manchmal fanden sich zwei, einmal sogar fünf Personen in einem Grab. In dieser Zeit diente das Areal schon längst nicht mehr als Kloster. 1556, in der Reformationszeit, war es aufgelöst worden. Seit 1561 befand sich in den östlichen Klostergebäuden die Stadtschule, ab 1564 in den westlichen Klostergebäuden ein Armenhaus.

Zwei Bestattungen lassen sich ins Mittelalter datieren. Die Besonderheit ist, dass sie sich in dem Bereich befinden, wo anschließend aus Feldsteinen das 60 cm starke Fundament für den Lettner, die Trennung zwischen Chor und Langhaus, errichtet wurde und dass die beiden Toten daher umgebettet wurden. In diesen beiden Gräbern befanden sich also keine Knochen mehr.

Bemerkenswert sind die mittelalterlichen Baubefunde. André Lutze hat die Ausgrabungen auf dem Klostergelände seit 1999 verfolgt – seit dem Bau des Pommerschen Landesmuseums. Auf dem Areal befand sich der Chor der Klosterkirche des Franziskanerklosters, das laut Quellen 1262 gegründet wurde. Die Mauern des Langhauses der Klosterkirche ließen sich im Bereich der Museumsstraße und im Innenhof der Museumsgastronomie beobachten. Die Nord- und die Südmauer des Chors waren ebenfalls bereits bekannt. Neu sind zwei weitere parallele Mauerzüge im Inneren des Chors, jeweils 1,50 m von der südlichen und von der nördlichen Mauer entfernt. Die Mauern sind nur einen Ziegelstein breit und drei Lagen hoch – da auf der obersten Lage keine Mörtelspuren sind, ist dies sicher die ursprüngliche Höhe. Die Backsteinformate passen gut zur Bauzeit in den 1280er Jahren. Laut André Lutze ist die wahrscheinlichste Interpretation, dass diese Mauern die Sockel für eine Holzwand für einen Interimsbau bildeten – so dass man die Kirche schon nutzen konnte, während sich die eigentlichen Kirchmauern weiter außen noch im Bau befanden. Nach Fertigstellung hätte man diese Konstruktion entfernen können. Die Backsteinmauern blieben jedoch erhalten: Schon kurze Zeit, nachdem begonnen worden war, den Chor zu errichten, wurde das gesamte Areal um 2 m angehoben. Ein bereits bestehendes Portal, das sich in der Außenmauer des angrenzenden Konventsgebäudes erhalten hat, wurde vollkommen unbrauchbar und wurde zugemauert. Wie weit der Chor zum Zeitpunkt der Planänderung schon gediehen war, ist unbekannt – da keinerlei Putzreste gefunden wurden, waren die Mauern offenbar noch unverputzt, der Schmuck des Innenraums also noch nicht sehr weit gediehen. Die Anhebung des Niveaus erscheint im Greifswalder Kontext logisch – im gesamten Stadtbereich wurde das Niveau Ende des 13. Jahrhunderts um etwa 2 m angehoben. Es ist aber unbekannt, warum überhaupt noch der Kirchenbau auf dem tieferen Niveau begonnen und dann bereits so schnell wieder verworfen wurde.

 

Baubar

An fünf Terminen im Jahr 2024 werden Fortschritt und Hintergrundinformationen zur Baustelle der Galerie der Romantik präsentiert: Die „Baubar“ in der Museumsstraße versorgt Sie mit den neuesten Informationen zum Baufortschritt. Im Anschluss gibt es Gelegenheit für Fragen und Gespräche zum Geschehen an der Baustelle – bei Getränken und Häppchen, natürlich von Büttners. Mit Kai Kornow

Mi. 20.03.24 17 Uhr
Baubar 1/5 „Bauvorbereitungen und Grabungen“

Mi. 22.05.24 17 Uhr
Baubar 2/5 „Erste Eindrücke zur Galerie der Romantik“

Mi. 17.07.24 17 Uhr
Baubar: 3/5 „Richtfest“

So. 08.09.24 15 Uhr (Tag des offenen Denkmals)
Baubar 4/5: „Die Galerie der Romantik wächst“

Mi. 20.11.24 17 Uhr
Baubar 5/5: „Ergebnisse des Baujahres 2024“

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Zur Galerie der Romantik

1774 erblickte Caspar David Friedrich in Greifswald das Licht der Welt. Heute ist er der weltweit bekannteste Maler des 19. Jahrhunderts und steht im Mittelpunkt der neuen Galerie der Romantik, die in den nächsten Jahren entsteht. Besucher und Besucherinnen empfängt eine Kapelle, die multimedial auf Friedrichs poetische Bildwelt einstimmt. Man erlebt mit, wie seine Bilder Form annahmen, kann sich in die Originale vertiefen und erfahren, was für ein Mensch der Seifensiedersohn aus Schwedisch-Pommern war. Oder wussten Sie schon, dass Caspar David Friedrich Kanarienvögel züchtete und für seinen gewaltigen Vollbart berühmt und berüchtigt war?

Galerie der Romantik

 

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Ausgrabungsleiterin Renate Samariter steht in der Museumsstraße. Durch große Glasfenster sieht man die eingeschneite Ausgrabungsfläche.
Ausgrabungsleiterin Renate Samariter. Foto: Kai Kornow
Eine der neu entdeckten Backsteinmauern: Drei Lagen hoch, einen Backstein breit. In den Fugen Mörtel. Im Hintergrund steht eine Leiter.
Eine der neu entdeckten Backsteinmauern: Drei Lagen hoch, einen Backstein breit. Foto: André Lutze
Bauhistoriker André Lutze (vorn) erläutert mit Fotos und Plänen die Baubefunde. Neben ihm mehrere Personen, die zuhören.
Bauhistoriker André Lutze (vorn) erläutert mit Fotos und Plänen die Baubefunde. Foto: Kai Kornow