Über historischen Obstbau und heutige Notwendigkeiten

Eine Schau mit 176 Apfel- und 41 Birnensorten
Eine Schau mit 176 Apfel- und 41 Birnensorten

Fach- und Publikumstage des Pomologen-Vereins, Landesgruppe MV in Greifswald

Text von Dorota Makrutzki

176 Apfel- und 41 Birnensorten wurden im Rahmen der Fach- und Publikumstage des Pomologen-Vereins, Landesgruppe MV im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald zur Schau gestellt. Die Vielfalt der alten Sorten ist anhand ihrer Namen und Herkunftsregionen abzulesen. Fast zwei Tage lang erfüllte ihr Duft die Wandelhalle des Landesmuseums, bis endlich das auf einer langen Tafel ausgestellte Kernobst zur Verkostung freigegeben wurde. Rund 300 Interessierte besuchten diese besondere „Ausstellung“, viele brachten eigenes Obst mit, um es von Experten des Pomologen-Vereins bestimmen zu lassen. Insbesondere gingen hier Jens Meyer, Friedrich Höhne und Horst Friedrich zu Werke.

Zu den internationalen „Gästen“ der Sortenausstellung zählten zum Beispiel: Ontario und McIntosh aus Kanada, Idared aus USA/Idaho, Jacquins Apfel aus Frankreich/Normandie und James Grieve aus Schottland. Lokal wurde das Kernobst aus der historischen Region Pommern/Pomorze vertreten durch die Sorten: Grüner Stettiner, Grumbkower Butterbirne (heute Grąbkowo), Pommerscher Krummstiel, Pommerscher Langsüßer und Pommerscher Schneeapfel.

Begleitend vermittelten zahlreiche Vorträge spannende Impulse zur Gartenkunst, Bildungsarbeit, Vernetzung und Vermarktung rund um den Apfel. Peter Markgraf (Obstsortensammlung Waldeshöhe bei Jatznick) sprach anschaulich über die Epigenetik und die Auswirkungen des Klimawandels auf die heimischen Obstsorten. Sein Aufruf: „Wir müssen mehr Kerne, nicht nur die edlen Sorten in die Erde stecken. Nur so kommen wir über die nächsten Jahre.“ Geeignete Kerne für neue Sämlinge wurden zum Mitnehmen bereitgestellt. Aus dem Vortrag gingen Impulse für das Anlegen von Biotopen, die viele Vorteile für die Umwelt bringen, und die Verwendung des Tresters, also eines Abfallprodukts der Saftherstellung, hervor. Wer eher einen altbewährten, edlen Baum in seinem Garten pflanzen will, kann sich am 11.11.2023 während der großen Verkaufsaktion von Peter Markgraf beim Kauf beraten lassen.

Über die Bildungsarbeit in Vorpommern und Westpommern/Zachodniopomorskie berichteten Sebastian Weiland (Sortengarten Ranzin) und Ewa Wnuk-Gławdel (Drage Nationalpark/Drawieński Park Narodowy). Mit einem Rückblick schilderte Sebastian Weiland die Vereinsaktivitäten im Landkreis Vorpommern-Greifswald, wie Pflanzungen, Markttauftritte, Schnitt- oder Veredlungsseminare, Kinder- und Jugendangebote. Ein sehr breites Tätigkeitsprofil zeichnet auch den Drage Nationalpark aus. „Die Apfelbäume bleiben, lange nachdem die Menschen gegangen sind“, sagte Ewa Wnuk-Gławdel bezüglich des Kulturerbes auf dem Gelände des Nationalparks. Mit größter Sorgfalt und sehr viel Anstrengung wurden hier Maßnahmen zur Bewahrung der Nutzpflanzen umgesetzt und ein Obstgarten mit 125 neuveredelten, vorgefundenen alten Apfelsorten angelegt. Es finden Feste und Veranstaltungen statt und das Erbe der 1945 von deutschen EinwohnerInnen verlassenen Waldsiedlungen entlang der Drage/Drawa wird gesichert.

Weitere Vorträge stellten andere Arbeitsbereiche des Pomologen-Vereins und verwandter Institutionen vor: z.B. die Webseite des Streuobstnetzwerks und die Möglichkeit der Online-Obstkartierung (Dirk Müller). Das neue Buch zur Vermittlung guter Obstbaupraxis für großkronige, also langlebige Bäume wurde von Hans-Thomas Bosch vorgestellt. Als Moderatorin führte kompetent und unterhaltsam Ulrike Gisbier durch den Tag.

Im Pomologen-Verein mit bundesweit mehr als 2000 Mitgliedern kann jeder unabhängig von Kenntnissen Mitglied werden und die ehrenamtliche Vereinsarbeit bereichern und unterstützen. Gegründet wurde die Landesgruppe MV vor knapp 20 Jahren (2004), sie wächst seitdem stetig. Mit einer Führung zur Geschichte der Landwirtschaftsakademie Eldena in der landeskundlichen Dauerausstellung durch Dr. Sabine Lindqvist konnten inhaltlich viele Gemeinsamkeiten in der Arbeit für den Erhalt des regionalen Kulturerbes zwischen den PomologInnen und den MuseologInnen festgestellt werden.

Eine rundum gelungene Veranstaltung, die hoffentlich viele Früchte trägt.

Partner der Veranstaltung war das Kulturreferat für Pommern und Ostbrandenburg am Pommerschen Landesmuseum. Die Veranstalter waren die Über.Morgen gGmbH, der Pomologen-Verein, Landesgruppe MV sowie der Sortengarten Ranzin. Mitgefördert durch die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Schon jetzt vormerken! Die nächste Sortenschau im Pommerschen Landesmuseum findet am 8.-9.11.2025 statt.

 

Alte Sorten erhalten - das Vereinsmotto
Alte Sorten erhalten - das Vereinsmotto
Ulrike Gisbier als Moderatorin
Ulrike Gisbier als Moderatorin der Fach- und Publikumstage des Pomologen-Vereins
Pomologen beim Bestimmen
Pomologen beim Bestimmen
Kernobstschau - Blick von Oben.
Die lange Tafel der Kernobstschau von Oben.
Der Pomologen-Verein wurde 2004 gegründet.
Der Pomologen-Verein, Landesgruppe MV wurde 2004 gegründet.